Das Alice-im-Wunderland-Syndrom (AIWS) ist eine seltene neurologische Störung, die nach der berühmten Erzählung Alice’s Adventures in Wonderland von Lewis Carroll benannt wurde. Wie die Protagonistin Alice, die sich in einer surrealen Welt mit verzerrten Wahrnehmungen wiederfindet, erleben Betroffene deine stark veränderte Wahrnehmung ihrer Umgebung und ihres Körpers. Das Syndrom betrifft insbesondere die visuelle Wahrnehmung, kann aber auch andere Sinneswahrnehmungen wie Zeit und Raum beeinflussen.
Charakteristische Symptome
Die wichtigsten Merkmale des AIWS sind sensorische und räumliche Verzerrungen. Zu den Hauptsymptomen zählen:
- Mikropsie und Makropsie: Objekte erscheinen viel kleiner (Mikropsie) oder grösser (Makropsie), als sie tatsächlich sind.
- Körperbildverzerrungen: Betroffene haben das Gefühl, dass bestimmte Körperteile vergrössert, verkleinert oder deformiert sind.
- Veränderungen der Raumwahrnehmung: Die Umgebung kann weiter entfernt oder näher erscheinen, als sie tatsächlich ist.
- Zeitverzerrungen: Zeit scheint langsamer oder schneller zu vergehen.
- Veränderte Tast- und Hörwahrnehmung: Manche Patienten berichten von ungewöhnlichen sensorischen Erfahrungen, wie überempfindlichem Hören oder einer verzerrten Berührungsempfindung.
- Halluzinationen: Bei einigen Betroffenen können optische oder akustische Halluzinationen auftreten, die die Verwirrung zusätzlich verstärken.
Die Symptome treten meist episodisch auf, dauern von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden und können für die Betroffenen beängstigend sein.
Ursachen und Auslöser
Die genauen Ursachen des Alice-im-Wunderland-Syndroms sind nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass eine Dysfunktion des Gehirns, insbesondere in den visuellen und räumlichen Arealen, eine Rolle spielt. Zu den möglichen Auslösern zählen
- Migräne: AIWS tritt häufig bei Personen mit Migräne auf, insbesondere bei Migräneaura. Die Symptome können ein Vorbote oder Begleiterscheinung der Migräne sein.
- Epilepsie: Besonders Temporallappenepilepsien können ähnliche Symptome hervorrufen.
- Infektionen: Das Epstein-Barr-Virus (EBV) wird mit dem Syndrom in Verbindung gebracht. Bei Kindern wurde AIWS oft nach einer EBV-Infektion beobachtet.
- Medikamente und Drogen: Einige psychoaktive Substanzen und Medikamente können ähnliche Wahrnehmungsveränderungen hervorrufen.
- Stress und Schlafmangel: Diese Faktoren können AIWS-Episoden auslösen oder verstärken.
Diagnose
Die Diagnose des Alice-im-Wunderland-Syndroms gestaltet sich schwierig, da es keine spezifischen Tests dafür gibt. Sie basiert in erster Linie auf der detaillierten Beschreibung der Symptome durch den Patienten. Neurologische und psychologische Untersuchungen wie MRT oder EEG können durchgeführt werden, um andere Ursachen wie Tumore oder schwere neurologische Erkrankungen auszuschliessen.
Behandlung
Da AIWS keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptomkomplex ist, richtet sich die Behandlung nach der zugrunde liegenden Ursache:
- Migränemedikamente wie Triptane oder Prophylaxe-Medikamente
- Behandlung von Infektionen
- Stressreduktion und Schlafhygiene
- Antiepileptika
Verlauf und Prognose
Das Alice-im-Wunderland-Syndrom tritt meist episodisch auf, und die Dauer der Episoden variiert stark. Bei Kindern verschwinden die Symptome oft mit zunehmendem Alter, während sie bei Erwachsenen wiederkehrend sein können. In den meisten Fällen hinterlässt das Syndrom keine bleibenden Schäden, jedoch kann es für die Betroffenen eine erhebliche psychische Belastung darstellen.
Historischer Kontext
Das Syndrom wurde erstmals in den 1950er Jahren vom britischen Psychiater John Todd beschrieben. Todd gab dem Syndrom seinen Namen, da die Symptome an die Erlebnisse von Alice in Lewis Carrolls Roman erinnern. Interessanterweise litt Lewis Carroll selbst unter Migräne, was zu Spekulationen führte, dass seine Beschreibungen in Alice’s Adventures in Wonderland von seinen eigenen Wahrnehmungsstörungen inspiriert sein könnten.
Fazit
Das Alice-im-Wunderland-Syndrom ist eine faszinierende, wenn auch seltene neurologische Störung, die viele Rätsel aufwirft. Obwohl die Symptome beängstigend sein können, sind sie meist harmlos und verschwinden von selbst. Ein Verständnis der zugrunde liegenden Ursachen und eine gezielte Behandlung können den Betroffenen helfen, besser mit den Episoden umzugehen.
RA (KI-ass., diverse Internetquellen)