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Das Schnitzler-Syndrom: Ziemlich selten, ziemlich schwierig zu diagnostizieren, aber gut zu behandeln

Das Schnitzler-Syndrom ist eine seltene autoinflammatorische Erkrankung, gekennzeichnet vor allem durch eine chronisch rezidivierende Urtikaria und eine monoklonale Gammopathie (häufig vom IgM-Typ). Betroffen sind in der Regel Erwachsene mittleren Alters.

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Aufgrund seiner Seltenheit wird das Syndrom oft spät oder fehldiagnostiziert. Ein rechtzeitiges Erkennen ist jedoch entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung und das Vermeiden schwerwiegender Komplikationen.

Symptome und Befunde
Zu den Leitsymptomen des Schnitzler-Syndroms gehören
  • Chronisch rezidivierende Urtikaria: Diese Hautausschläge sind häufig nicht-juckend, aber schmerzhaft und von einem brennenden Gefühl begleitet. Sie treten regelmäßig auf, typischerweise ohne Auslöser.
  • Monoklonale Gammopathie: In den meisten Fällen handelt es sich um eine IgM-Gammopathie, seltener um IgG.
  • Fieber: Wiederkehrende Fieberschübe ohne erkennbaren infektiösen Grund.
  • Knochen- und Gelenkschmerzen: Diese sind häufig und betreffen vor allem lange Röhrenknochen. Auch Arthralgien oder Arthritiden sind möglich.
  • Vergrösserte Lymphknoten und Splenomegalie: Diese treten gelegentlich auf.
  • Erhöhte Entzündungsparameter: In der Regel finden sich stark erhöhte CRP-Werte und eine beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG).
  • Knochenschmerzen oder periostale Veränderungen: Knochenveränderungen, wie sie in der Szintigraphie oder im MRT zu sehen sind, können zur Abklärung beitragen.

Diagnostik
Die Diagnose basiert auf klinischen Kriterien und Laborbefunden, insbesondere dem Nachweis einer Monoklonalen Gammopathie (meist IgM), dem histologischen Fehlen einer Eosinophilie (wie sie bei der allergischen Urtikaria zu finden ist), dafür aber einer neutrophilen Infiltration, Knochenveränderungen in Röntgen, CT oder MRT, allenfalls periostalen Knochenveränderungen in der Szintigraphie sowie erhöhten Entzündungsparametern (CRP, BSG) und in vielen Fällen auch eine Leukozytose.

Zur Diagnose des Schnitzler-Syndroms werden im Allgemeinen die Strasbourg-Kriterien herangezogen wie sie im Jahr 2012 von einem Expertengremium definiert wurden.

Strasbourg-Kriterien
Obligatorisches Kriterium:
  • Chronisch rezidivierende, nicht-juckende Urtikaria.
Hauptkriterium:
  • Monoklonale Gammopathie (meist IgM, seltener IgG).
Nebenkriterien (mindestens zwei müssen erfüllt sein):
  • Wiederkehrendes Fieber.
  • Arthralgien oder Arthritis.
  • Knochen- oder Gelenkschmerzen mit oder ohne radiologisch nachweisbaren Knochenveränderungen.
  • Vergrösserte Lymphknoten oder Splenomegalie.
  • Erhöhte Entzündungsmarker wie CRP oder BSG.

Die Strasbourg-Kriterien sind der Standard in der Diagnostik des Schnitzler-Syndroms und helfen, die Erkrankung klar von anderen autoinflammatorischen und lymphoproliferativen Syndromen abzugrenzen.

Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnosetisch zu beachten bzw. auszuschliessen sind
  • Systemische autoinflammatorische Erkrankungen (z. B. Kryopyrin-assoziierte periodische Syndrome [CAPS])
  • Hyper-IgD-Syndrom
  • Waldenström-Makroglobulinämie (insbesondere wegen der IgM-Gammopathie)
  • Hypereosinophiles Syndrom
  • Kryoglobulinämische Vaskulitis
  • Kutane Leukozytoklastische Vaskulitis
  • Lymphome oder multiples Myelom (insbesondere bei nachgewiesener monoklonaler Gammopathie)

Therapie
Die Behandlung des Schnitzler-Syndroms zielt auf die Linderung der Symptome und die Verhinderung von Komplikationen ab. Hierbei haben sich folgende therapeutische Optionen bewährt:
  • Anakinra: Dieser IL-1-Rezeptorantagonist ist aktuell die First-Line-Therapie und führt bei den meisten Patienten zu einer raschen Besserung von Fieber, Urtikaria und anderen systemischen Symptomen. Anakinra blockiert die Wirkung von IL-1, welches als zentraler Mediator der Entzündungsprozesse bei autoinflammatorischen Erkrankungen gilt.
  • Canakinumab: Ein IL-1β-Inhibitor, der bei manchen Patienten eingesetzt wird, vor allem bei jenen, die auf Anakinra nicht ausreichend ansprechen.
  • Colchicin: Kann unterstützend bei der Behandlung von Fieberschüben und Gelenkschmerzen eingesetzt werden, zeigt jedoch nicht die gleiche Wirksamkeit wie IL-1-Blocker.
  • Glukokortikoide: Sie können kurzfristig zur Kontrolle akuter Schübe verwendet werden, sind aber aufgrund ihrer Nebenwirkungen langfristig nicht zu empfehlen.
  • Rituximab: Ein Anti-CD20-Antikörper, der gelegentlich bei schwereren Fällen oder in Kombination mit anderen Medikamenten verwendet wird, insbesondere wenn eine lymphoproliferative Erkrankung nicht ausgeschlossen werden kann.

Eine Langzeitüberwachung ist bei diesen Patienten notwendig, um mögliche Komplikationen (insbesondere die Entwicklung einer malignen Gammopathie, z. B. eines multiplen Myeloms oder einer Lymphomerkrankung) rechtzeitig zu erkennen.

Fazit
Das Schnitzler-Syndrom ist eine seltene, aber ernstzunehmende autoinflammatorische Erkrankung, die durch das Zusammenspiel von Hautsymptomen, monoklonaler Gammopathie und systemischen Entzündungszeichen gekennzeichnet ist. Eine frühzeitige Diagnosestellung und Therapie, insbesondere unter Einsatz von IL-1-Inhibitoren, kann die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern und das Risiko schwerwiegender Komplikationen senken.

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