Die Schweiz ist mit einem gravierenden Mangel an Haus- und Kinderärtzen und -ärztinnen konfrontiert. Zu wenige Medizinstudenten werden ausgebildet und entscheiden sich für den Beruf als Hausärztin oder Kinderarzt. Der Verband der Jungen Haus- und Kinderärzte (JHaS) unterstützt junge Ärzte und Ärzinnen vom Studium über den Erwerb des Facharzttitels bis hin zu ihrem Einstieg in den Beruf. Auch heute noch wird der Einstieg in die Praxis von vielen als Hürde wahrgenommen.
Gemeinsam mit dem Cursus Romand de Médecine de Famille, kurz CRMF, hat JHaS die Ausgangslage analysiert und festgestellt, dass viele junge Haus- und Kinderärze Erfahrungen in unterschiedlichen Praxen sammeln möchten. Dies ist heute in Ländern wie Frankreich, Grossbritannien oder Kanada weit verbreitet, wo mehr als die Hälfte der neu diplomierten Fachärzte und -ärztinnen erwägt, zunächst als Stellvertreter zu arbeiten, bevor sie sich dauerhaft niederlassen.
Mit der Feminisierung des medizinischen Berufs und der Entwicklung hin zu einem besseren Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben steigt die Nachfrage nach Vertretungsmöglichkeiten. Eine aktuelle Studie von Unisanté – dem Zentrum für Allgemeinmedizin und öffentliche Gesundheit der Universität Lausanne – hat gezeigt, dass 63 Prozent der Haus- und Kinderärzte in der Praxis einen deutlichen Bedarf an Vertretungsmöglichkeiten feststellen. Zudem geben 33 Prozent der ÄrztInnen in Ausbildung an, dass sie an dieser Tätigkeit interessiert sind. Dennoch bleibt diese Praktik in der Schweiz nach wie vor rar.
Mit der Plattform für Stellvertretungen in der Praxis werden in erster Linie zwei Ziele verfolgt. Erstens sollen die anstellungstechnischen Herausforderungen für niedergelassene ÄrztInnen verringert werden, indem der Zugang zu Stellvertretungen erleichtert wird – sei dies für Vertretungen während der Elternzeit, einem Sabbatical oder bei längeren Krankheits- oder Unfallabwesenheiten. Zweitens bieten Stellvertretungen den ÄrztInnen nach Abschluss ihrer Ausbildung die Möglichkeit, eine Art Erkundungsphase zu durchlaufen und ihre Fähigkeiten in mehreren Praxen oder an verschiedenen Orten der Schweiz zu erweitern, bevor sie sich dauerhaft niederlassen. Längerfristig soll dieses Projekt die dauerhafte Niederlassung in Praxen fördern und dadurch dem Mangel an Haus- und KinderärztInnen entgegenwirken.
Die Plattform wurde als innovative Lösung konzipiert, um dem wachsenden Bedarf an medizinischen Stellvertretungen in der Praxis nachzukommen, indem sie diese beiden Zielgruppen miteinander in Kontakt bringt. Sie wurde mit Unterstützung des Cursus Romand de Médecine de Famille (CRMF) entwickelt, einer von den Westschweizer Kantonen gegründeten Organisation zur Förderung und Begleitung zukünftiger Allgemeinmediziner während der Ausbildung.
Dennoch appelliert die Projektgruppe ebenfalls an die Politik, denn es bestehen weiterhin Hürden bei Stellvertretungen in der Praxis, insbesondere die enorm aufwändigen und komplexen administrativen Prozesse. JHaS setzt sich gezielt bei den Kantonen für die Vereinfachung dieser Prozesse ein.
Die Plattform job.jhas.ch ist in vier Sprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch) verfügbar und bietet den Nutzern eine intuitive Suche nach verschiedenen Kriterien wie Region, Beschäftigungsgrad oder Dauer der Stellvertretung. Kaum gestartet, verzeichnet die Plattform bereits in wenigen Tagen zahlreiche Registrierungen und die ersten Anzeigen für Vertretungen in der gesamten Schweiz.
Referenzen
Pariser P, Biancucci C, Shaw SN, Chernin T, Chow E.: Maximizing the locum experience. Canadian family physician Medecin de famille canadien. 2012;58(12):1326 -8 , e688-91.
Family physicians and locum tenens. Canadian Family Physician • Le Médecin de famille canadien, juillet 2008;54.
Kontakt:
(Fr) - Dr. John Nicolet, Projektleiter der Plattform, Vizepräsident der JHaS Email : john.nicolet@jhas.ch | Téléphone : 079 532 89 32
(De/Fr) – Dr. Linda Habib, Präsidentin der JHaS Email : linda.habib@jhas.ch | Telefon : 078 903 79 18
Der Verband JHaS (Junge Haus- und Kinderärztinnen Schweiz), gegründet im Jahr 2009, engagiert sich für die Förderung einer attraktiven, starken und zukunftsorientierten Allgemeinmedizin. Wir knüpfen Kontakte zwischen Studierenden, ÄrztInnen in Weiterbildung, Haus- und KinderärztInnen.
Gemeinsam mit unseren Hauptpartnern mfe (Haus- und Kinderärzte Schweiz | www.hausaerzteschweiz.ch) und der SGAIM (Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin | www.sgaim.ch) sowie unseren offiziellen Partnern gestalten wir die Zukunft der Allgemeinmedizin!
Der Keyevent unseres Verbandes ist der jährliche Kongress, der über 500 junge und angehende Hausund KinderärztInnen zusammenbringt. Der JHaS-Kongress ist einer von nur drei Kongressen in der Schweiz, der für den SIWF-Titel «Allgemeine Innere Medizin» akkreditiert ist. www.jhascongress.ch