Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist eines der wirksamsten Therapieverfahren zur Behandlung schwerer depressiver und psychotischer Erkrankungen. Dabei wird mit Hilfe eines wenige Sekunden andauernden Stromimpulses eine kurzzeitige neuronale Übererregung im Gehirn ausgelöst. Die Behandelten merken davon nichts, da die Behandlung unter Kurznarkose durchgeführt wird. Durch die EKT werden im Gehirn verschiedene Botenstoffe freigesetzt und in bestimmten Gehirnbereichen das Wachstum von Nervenzellen angeregt.
Im Erwachsenenalter wird die Therapieform häufig zur Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen, wie therapieresistenten Depressionen oder Schizophrenien, angewandt. Bei Kindern und Jugendlichen kommt sie dagegen deutlich seltener zum Einsatz. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass es im Gegensatz zu Erwachsenen bei Kindern und Jugendlichen keine grossen Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode gibt. Ausserdem fehlt es bei den Behandelnden bisher an Wissen über die Elektrokonvulsionstherapie.
Über 40 Prozent sprechen auf EKT-Behandlung an
Um dazu beizutragen, diese Wissenslücke zu schliessen, berichten Forschende vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, der Universitätsmedizin Göttingen und der Universitätsmedizin Rostock über insgesamt 32 Kinder und Jugendliche, die an den drei Kliniken mit Elektrokonvulsionstherapie behandelt wurden. Alle Kinder wiesen schwere psychische Erkrankungen auf. Andere Therapieformen wie Medikamente und Psychotherapie hatten bei ihnen bisher keine Wirkung gezeigt.
Trotz dieser schwierigen Ausgangslage sprachen 40,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen auf die Behandlung an und 21,9 Prozent waren nach der Behandlung sogar symptomfrei oder fast symptomfrei. Es traten keine schweren Nebenwirkungen auf und 65,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen hatten gar keine Nebenwirkungen.
Weitere grosse kontrollierte Studien nötig
«Unsere Daten unterstreichen, dass die Elektrokonvulsionstherapie auch bei Kindern und Jugendlichen sehr sicher und wirksam ist», sagt Dr. Sebastian Karl, Arzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) und einer der Autoren der Studie. «Dennoch brauchen wir dringend grosse kontrollierte Studien, die EKT bei Kindern und Jugendlichen systematisch untersuchen.»
Bei der Auswertung der Daten fiel den Forschenden darüber hinaus auf, dass das Ansprechen auf die Elektrokonvulsionstherapie damit zusammenhing, wie viele andere Behandlungen die Betroffenen im Vorfeld erhalten hatten. «Das legt nahe, dass schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche davon profitieren könnten, früher im Behandlungsverlauf eine EKT angeboten zu bekommen», sagt Prof. Dr. Alexander Sartorius, Oberarzt und Leiter der Arbeitsgruppe Translationales Imaging am ZI.PS