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Gehirn von Neandertalern entwickelte sich anders als das von modernen Menschen

Neandertaler waren die engsten Verwandten des modernen Menschen. Der Vergleich mit ihnen kann daher wesentliche Einblicke in die Einzigartigkeit des heutigen Menschen geben. Forschende des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden und des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben Unterschiede bei der Gehirnentwicklung untersucht.

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Nachdem sich die Vorfahren des modernen Menschen von denen der Neandertaler und Denisovaner, ihrer asiatischen Verwandten, trennten, veränderten sich beim modernen Menschen etwa hundert Aminosäuren, die Bausteine von Proteinen in Zellen und Geweben, und diese Veränderungen verbreiteten sich in fast allen modernen Menschen. Die biologische Bedeutung dieser Veränderungen ist weitgehend unbekannt. Sechs dieser Aminosäureveränderungen traten in drei Proteinen auf, die bei der Verteilung der Chromosomen, den Trägern der genetischen Information, auf die beiden Tochterzellen während der Zellteilung eine Schlüsselrolle spielen.

Moderne Menschen: Längere Metaphase, weniger Fehler
Um die Auswirkungen dieser sechs Veränderungen auf die Entwicklung des Neokortex zu untersuchen, brachten die Wissenschaftler zunächst die modernen menschlichen Varianten in Mäuse ein. Mäuse sind hinsichtlich dieser sechs Aminosäurepositionen mit Neandertalern identisch, weshalb sie mit diesen Veränderungen ein Modell für die Entwicklung des modernen menschlichen Gehirns sein konnten. Felipe Mora-Bermúdez, der Erstautor der Studie, beschreibt die Forschungsergebnisse: «Wir fanden heraus, dass drei Aminosäure-Veränderungen des modernen Menschen in zwei dieser drei Proteine, nämlich in KIF18a und KNL1, eine längere Metaphase verursachen, eine Phase, in der die Chromosomen für die Zellteilung vorbereitet werden. Dies führt zu weniger Fehlern bei der Verteilung der Chromosomen auf die Tochterzellen der neuralen Stammzellen, genau wie beim modernen Menschen.»

Neandertaler: mehr Fehler in der Chromosomenverteilung
Um zu überprüfen, ob die Neandertaler-Aminosäuren den entgegengesetzten Effekt haben würden, konvertierten die Forschenden die drei moderne-Menschen-Aminosäuren zurück in den Neandertaler-Zustand, und zwar in menschlichen Hirnorganoiden. «In diesem Fall verkürzte sich die Metaphase und wir fanden mehr Fehler bei der Chromosomenverteilung.» Laut Mora-Bermúdez zeigt dies, dass diese drei Aminosäureveränderungen in den Proteinen KIF18a und KNL1 dafür verantwortlich sind, dass beim modernen Menschen weniger Chromosomenverteilungsfehler auftreten als bei Neandertalern und Schimpansen. Er ergänzt, dass Fehler in der Chromosomenzahl für die Zellen in der Regel ungünstig sind, was sich bei Erkrankungen wie Trisomien und Krebs zeigt.

«Unsere Studie deutet darauf hin, dass einige Aspekte bei der Entwicklung und Funktion des Gehirns moderner Menschen unabhängig von der Gehirngrösse sind, da Neandertaler und moderne Menschen ein ähnlich grosses Gehirn haben. Die Ergebnisse lassen auch vermuten, dass die Gehirnfunktion der Neandertaler stärker von Chromosomenfehlern beeinflusst wurde als die des modernen Menschen», fasst Wieland Huttner, der die Studie mitbetreut hat, zusammen. Svante Pääbo, der die Studie ebenfalls mitbetreute, fügt hinzu, dass «künftige Studien erforderlich sind, um zu untersuchen, ob sich die geringere Fehlerrate auf Merkmale des modernen Menschen auswirkt, die mit der Gehirnfunktion zusammenhängen.»PS

  • Zur Originalpublikation
Mora-Bermúdez F et al.: Longer metaphase and fewer chromosome segregation errors in modern human than Neandertal brain development. Science Advances, 29. Juli 2022, doi: 10.1126/sciadv.abn7702

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft/Pressemitteilung, 29.07.2022

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