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Kaffee schützt vor Parkinson!

Eine umfangreiche Fallkontrollstudie bestätigt frühere Beobachtungen, dass Kaffee bzw. dessen Metaboliten (Theophyllin und Paraxanthin) das Risiko einer Parkinson-Erkrankung vermindern. Das Verhältnis scheint dosisabhängig. Die Risikoreduktion zwischen stärkstem Kaffeekonsum und gar keiner Zufuhr von Koffein (auch Tee, Cola, Schokolade) beträgt rund 40 Prozent!

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Kaffee und Parkinson
Kaffee ist das am häufigsten konsumierte psychoaktive Getränk der Welt.
Die Parkinson-Krankheit (PD) wiederum ist die häufigste motorische neurodegenerative Erkrankung. Es gibt für sie bisher keine wirksame Vorbeugung oder Heilung. Kaffeekonsum wurde in den letzten 20 Jahren in mehreren prospektiven Kohorten mit einem verringerten Parkinson-Risiko in Verbindung gebracht. Der schützende Effekt war auch bei Koffein aus anderen Quellen zu beobachten, z.B. Tee, Cola und Schokolade. Entkoffeinierter Kaffee hingegen zeigte diese Effekt nicht, was darauf hindeutet, dass der inverse Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Parkinson grösstenteils auf Koffein und seine Metaboliten zurückzuführen ist und nicht auf andere bioaktive Verbindungen im Kaffee. Diese Ergebnisse basierten jedoch auf Daten aus Ernährungsfragebögen. Die Entschlüsselung der biologischen Wirkung von Koffein auf den Morbus Parkinson verspricht neue Erkenntniss zur Ätiologie der KRankheit wie auch zu Präventionsstrategien.

Bisherige Studien
Einige explorative Fall-Kontroll-Studien wiesen darauf hin, dass die Konzentrationen von Koffein und seinen wichtigsten Metaboliten im Blut – nämlich Paraxanthin und Theophyllin – bei Patienten mit prävalenter Parkinson-Krankheit im Vergleich zu gesunden Personen reduziert waren. Aufgrund dieser Beobachtungen wurden klinische Studien eingeleitet, um zu untersuchen, ob Koffein oder seine Metaboliten das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit verlangsamen könnten. Leider haben diese Studien keinen Nutzen gezeigt. Jedoch wurde bisher in keiner Studie prospektiv die Rolle des Koffeinspiegels in prädiagnostischen Proben untersucht. Diese Frage kann nur in sehr grossen Kohorten untersucht werden, in denen Blutproben zu Beginn der Erkrankung entnommen werden und eine lange Nachbeobachtungszeit zur Verfügung steht wie beispielsweise in der EPIC-Kohorte (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition).

Bei der EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)-Kohorte handelt es sich um eine laufende prospektive Kohortenstudie zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen Ernährung und nichtübertragbaren Krankheiten. Die Basisrekrutierung erfolgte zwischen 1992 und 2000 in 23 Zentren in 10 europäischen Ländern. Die EPIC-Kohorte umfasst 519'978 Teilnehmer (366'521 Frauen und 153'457 Männer), die bei der Rekrutierung überwiegend zwischen 35 und 70 Jahre alt waren. Bei der Aufnahme wurden mithilfe von Fragebögen umfassende Daten zu Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil erhoben. Ausserdem wurden anthropometrische Messungen durchgeführt und Blutproben entnommen.

EPIC4PD
Um den Zusammenhang zwischen prädiagnostischen Risikofaktoren und der Häufigkeit von Parkinson prospektiv zu untersuchen, wurde mit der EPIC-Kohorte eine Unterstudie mit der Bezeichnung EPIC4PD initiiert. EPIC4PD basierte auf einer Ausgangspopulation von 192'980 Personen aus sechs Ländern: Schweden, das Vereinigte Königreich (Cambridge), die Niederlande, Deutschland (Heidelberg), Spanien und Italien. Bis heute ist die Nachbeobachtung des EPIC4PD zu 98,5 % abgeschlossen, und die mediane Dauer der Nachbeobachtung der gesamten Population beträgt 12,8 Jahre (maximal 20,8 Jahre).

In der EPIC4PD-Studie, einer prospektiven bevölkerungsbasierten Kohorte, wurde der Zusammenhang zwischen dem selbstberichteten Gesamtkaffeekonsum und dem zukünftigen Parkinson-Risiko untersucht. Fälle von Morbus Parkinson wurden anhand von Krankenakten identifiziert und von erfahrenen Neurologen überprüft.
Zusätzlich wurde eine Fall-Kontroll-Studie durchgeführt, die in die EPIC4PD-Studie eingebettet war. Dabei wurden Fälle mit inzidenter Parkinson-Krankheit rekrutiert und jeder Fall mit einer Kontrollgruppe nach Alter, Geschlecht, Studienzentrum und Nüchternstatus bei der Blutentnahme verglichen. Die Koffeinmetaboliten wurden mittels hochauflösender Massenspektrometrie in den zu Beginn der Studie entnommenen Plasmaproben quantifiziert. Mithilfe von konditionalen logistischen Regressionsmodellen wurden Odds Ratios (ORs) und 95% CIs für Koffeinmetaboliten und das Parkinson-Risiko geschätzt.

Ergebnisse
In der EPIC4PD-Kohorte betrug die multivariable bereinigte HR beim Vergleich der Probanden mit dem höchsten Kaffeekonsum mit Nicht-Konsumenten 0,63 (95 % CI 0,46-0,88, p = 0,006). In der verschachtelten Fall-Kontroll-Studie, die 351 Fälle von Parkinson und 351 angepasste Kontrollen umfasste, waren das prädiagnostische Koffein und seine primären Metaboliten (Paraxanthin und Theophyllin) umgekehrt mit dem Parkinson-Risiko verbunden. Die Bereinigung um Rauchen und Alkoholkonsum änderte diese Ergebnisse nicht wesentlich.

Diskussion
In dieser Studie wurde ein umgekehrter Zusammenhang zwischen dem Konsum von koffeinhaltigem Kaffee und dem Risiko einer Parkinson-Erkrankung in einer der weltweit größten Längsschnittkohorten mit einer Nachbeobachtungszeit von mehr als 20 Jahren nachgewiesen. Die neuroprotektiven Wirkungen von Kaffee waren expositionsabhängig, und Personen in der Gruppe mit dem höchsten Kaffeekonsum hatten im Vergleich zu Nicht-Konsumenten ein um fast 40 % geringeres Risiko für Parkinson.
Bei der EPIC4PD-Population handelt es sich nicht um eine streng zufällige Stichprobe der europäischen Gesamtbevölkerung, da in der Kohorte mehr Frauen als Männer vertreten sind. Bei den Patienten mit Parkinson überwiegt dennoch leicht der Anteil der Männer. Bemerkenswert ist, dass die Personen, die an Morbus Parkinson erkrankten, bei der Rekrutierung im Allgemeinen älter waren als diejenigen, die nicht an Morbus Parkinson erkrankten. Diese Ergebnisse unterstreichen die wichtige Rolle des Alterns und des männlichen Geschlechts für das Parkinson-Risiko.
Die Stärke der Studie lag in der Verwendung objektiver Blutmarker für den Koffeinstoffwechsel, wodurch regionale Schwankungen beim Kaffeekonsum weitgehend abgeschwächt werden. Noch bemerkenswerter ist, dass die Studie die Möglichkeit einer umgekehrten Verursachung weitgehend ausschliesst, da die Blutproben vor der PD-Diagnose gesammelt wurden.
Seit langem wird vermutet, dass Kaffeekonsum die Entwicklung von Morbus Parkinson reduziert oder verzögert, wobei Koffein als der wahrscheinlichste kausale Faktor identifiziert wurde. Die Verabreichung von Koffein milderte motorische Beeinträchtigungen, neuronales Absterben und Dopaminabbau in verschiedenen Tiermodellen. Es wird angenommen, dass die neuroprotektiven Wirkungen von Koffein hauptsächlich auf die Blockierung des Adenosin-2A-Rezeptors (A2AR) zurückzuführen sind. Darüber hinaus haben die Koffein-Metaboliten Paraxanthin und Theophyllin in Tiermodellen die Fähigkeit gezeigt, die Symptome zu lindern.
Es ist bekannt, dass Östrogen und Koffein durch CYP1A2 konkurrierend verstoffwechselt werden, was zu einer hemmenden Wirkung auf den Koffeinstoffwechsel führt. Umgekehrt hat sich gezeigt, dass Tabak das CYP1A2-Enzym stark induziert und dadurch den Metabolismus von Koffein bei Rauchern erhöht. Da Metaboliten von Koffein auch A2AR-Antagonisten und Neuroprotektiva sind, ist der Nettoeffekt eines gestörten Koffeinmetabolismus schwer vorherzusagen. In dieser Studie konnten wir keine statistisch signifikante Veränderung der Wirkung durch Hormoneinnahme und Rauchen feststellen. Allerdings wurden bei Frauen, die nie postmenopausale Hormone einnahmen, mit zunehmendem Kaffeekonsum und bei Personen, die sowohl rauchten als auch Kaffee tranken, deutlichere Trends zu einem geringeren Parkinson-Risiko beobachtet.
Die therapeutische Wirkung von Koffein bei Parkinson-Symptomen war in aktuellen klinischen Studien begrenzt. Das deutet darauf hin, dass Koffein in der Prodromalphase und nicht erst nach dem Auftreten der klassischen motorischen Parkinson-Symptome eine neuroprotektive Wirkung entfaltet.


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