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imageDarmzotten und Darmbakterien. (Bild: Universität Basel; iStock)

Wie ein Multiple-Sklerose-Medikament die Darmflora beeinflusst

Ein Medikament gegen MS verändert auch die Zusammensetzung der Darmflora, berichten Forscher der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel. Zudem spielt umgekehrt die Darmflora eine Rolle dabei, welche Nebenwirkungen bei der Therapie auftreten.

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Seit einigen Jahren häufen sich die Hinweise: Was dem Nervensystem bei der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) widerfährt, hängt mit der Mikrobengemeinschaft im Darm zusammen. Das Darmmikrobiom beeinflusst das Immunsystem und weist bei MS-Betroffenen eine Zusammensetzung auf, die sich von Gesunden unterscheidet.

Behandlung mit Dimethylfumarat (Tecfidera®)
Bisher kaum erforscht ist, wie sich MS-Therapien auf die Darmflora auswirken und welche Rolle deren Zusammensetzung bei Wirkung und Nebenwirkungen der Therapien spielt. Ein Forschungsteam der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel hat dies nun bei einer Gruppe von 20 MS-Patienten untersucht, deren Erkrankung mit Dimethylfumarat behandelt wird. Von ihren Ergebnissen berichtet das Team um Prof. Dr. Anne-Katrin Pröbstel (Forschungsgruppenleiterin) und Prof. Dr. Dr. Adrian Egli.

Tecfidera verringert die Zahl der Krankheitsschübe bei MS, indem es in den Stoffwechsel bestimmter Immunzellen eingreift. Allerdings ist die Therapie mit Nebenwirkungen verbunden, darunter Hitzewallungen und Magen-Darm-Beschwerden, in vielen Fällen auch eine Lymphopenie. Diese kann in seltenen Fällen zu schweren Komplikationen führen.

Mehr «gute» Bakterien
Für ihre Studie untersuchten die Forscher Stuhl- und Blutproben der Teilnehmer vor Beginn und während der ersten zwölf Monate der Therapie. Im Fokus stand die Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft im Darm. Ausserdem bestimmten Pröbstel und ihr Team die Anzahl Lymphozyten im Blut, um Patienten mit Lymphopenie als Nebenwirkung zu identifizieren.

Bereits nach den ersten drei Monaten der Therapie stellte das Forschungsteam eine Verschiebung im Darmmikrobiom fest: «Wir konnten zeigen, dass sich Darmbakterien bei Patienten unter der Therapie wieder mehr hin zu der Zusammensetzung von Gesunden verändern», fasst Pröbstel die Ergebnisse zusammen. Die Behandlung mit Dimethylfumarat senkte den Anteil an entzündungsfördernden Bakterienarten, die mit MS in Zusammenhang gebracht werden, und förderte «gute» Bakterien.

Mikrobiom in Zusammenhang mit Lymphopenie
Ausserdem konnten die Forscher die Zusammensetzung des Darmmikrobioms mit dem Auftreten von Lymphopenie in Zusammenhang bringen:
  • Das Vorhandensein des Bakterienstamms Akkermansia muciniphila in Kombination mit dem Fehlen des Bakterienstamms Prevotella copri entpuppte sich als Risikofaktor für diese Nebenwirkung.
  • Womöglich komme P. copri also eine schützende Wirkung zu, vermuten die Studienautoren.

Wirkungen im Kontext mit den Darmbakterien
«Unsere Daten deuten darauf hin, dass immunmodulatorische Therapien nicht nur auf Immunzellen wirken, sondern auch das Darmmikrobiom positiv beeinflussen», erklärt die Neurologin Pröbstel. Der Zusammenhang zwischen Darmbakterien und klinischen Nebenwirkungen der Therapie könnte Möglichkeiten eröffnen, frühzeitig Patienten mit einem Risiko für eine Lymphopenie zu identifizieren. Mikrobiologe Egli ergänzt: «Dieses relativ neue Feld der Mikrobiologie erlaubt es vielleicht in Zukunft bei einer Vielzahl von Medikamenten die Wirkungen und Nebenwirkungen im Kontext der Darmbakterien besser zu verstehen und Therapien zu personalisieren».

«Noch handelt es sich um eine Pilotstudie mit einer relativ kleinen Anzahl an Teilnehmern», betont Pröbstel. Grösser angelegte Erhebungen müssten die Ergebnisse bestätigen und das Potenzial untersuchen, die Wirksamkeit von MS-Therapien via der Darmflora zu unterstützen sowie Risiken für Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.PS


Quelle: Universität Basel/Medienmitteilung, 30.11.2022

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