Typ-2-Diabetes und Adipositas nehmen weltweit zu. Dies zeigt sich in den Prävalenzraten der WHO, die seit den 1980er Jahren um das Dreifache gestiegen sind. Beide Krankheiten sind mit einer reduzierten Insulinwirkung verbunden und diverse Behandlungsmöglichkeiten werden umfangreich erforscht, darunter auch solche, die auf relevante Hormonrezeptoren abzielen.
Zwei klinisch validierte Targets sind die Rezeptoren für das
- Glucagon-like peptide-1 (GLP-1) und das
- Glucose-dependent insulinotropic polypeptide (GIP).
Beide Rezeptoren erhöhen die Insulinausschüttung bei Aktivierung.
Tirzepatid ist ein einmal wöchentlich einzunehmender Agonist des GIP-Rezeptors und des GLP-1-Rezeptors. Es handelt sich um ein einzelnes Molekül, das die Rezeptoren des Körpers für GIP und GLP-1aktiviert, die natürliche Inkretinhormone sind. Sowohl GIP- als auch GLP-1-Rezeptoren finden sich in für die Appetitregulierung relevanten Bereichen des menschlichen Gehirns. Es wurde gezeigt, dass Tirzepatid die Nahrungsaufnahme verringert und den Fettstoffwechsel moduliert.
Menschlicher GIP-Rezeptor entscheidend für Tirzepatid-gesteuerte Insulinausschüttung
Obwohl der Co-Agonist Tirzepatid eine verbesserte Blutzuckerkontrolle bei Patienten mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zu einzelnen GLP-1-Rezeptor-Agonisten zeigt, war die Rolle des GIP-Rezeptors bei der Vermittlung dieser Effekte bisher unbekannt. Wissenschaftler von Helmholtz Munich, dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung, Eli Lilly and Company, Novo Nordisk und der Duke Universität haben nun entdeckt,
- dass der Signalweg über den GIP-Rezeptor in menschlichen Inselzellen der Bauchspeicheldrüse entscheidend für die Stimulierung der Insulinausschüttung ist.
- Sie konnten zeigen, dass eine Hemmung des GIP-Rezeptors die Wirksamkeit von Tirzepatid auf die Insulinausschüttung von menschlichen Inselzellen verringert.
- Gleichzeitig hatte eine Hemmung des GLP-1-Rezeptors nur einen geringfügigen Einfluss auf die Tirzepatid-induzierte Insulinausschüttung, was wiederum bestätigt, dass die Signalübertragung über den GIP-Rezeptor für den Wirkmechanismus entscheidend ist, während die Signalübertragung über den GLP-1-Rezeptor eine geringere Bedeutung hat.
«Diese Daten sind äusserst interessant und zeigen die Bedeutung des GIP-Rezeptors für die Stoffwechselwirkung von Tirzepatid», fasst Dr. Jon Campbell, Letztautor der Studie, zusammen.
Unterschiedliche Wirksamkeit bei Mäusen und Menschen
Darüber hinaus evaluierten die Wissenschaftler die Pharmakologie von Tirzepatid an den Rezeptoren von Menschen und Mäusen und verglichen den Wirkmechanismus in isolierten Inselzellen der Bauchspeicheldrüse von Mäusen und menschlichen Spendern. «Ähnlich wie beim menschlichen GIP zeigt Tirzepatid eine geringere Wirksamkeit am GIP-Rezeptor der Maus, was darauf hindeutet, dass Tirzepatid unterschiedlich bei Mäusen und Menschen wirkt», bemerkt Dr. Timo Müller, Direktor des Instituts für Diabetes und Adipositas bei Helmholtz Munich, und einer der Letztautoren der Studie. «Während Tirzepatid in der Maus den GLP-1-Rezeptor bevorzugt, um die Insulinausschüttung aus den Inselzellen zu stimulieren, kommt die Wirkung beim Menschen in erster Linie über den GIP-Rezeptor zustande», fügt Müller hinzu.
«In weiteren Studien werden wir nun untersuchen, wie wichtig der GIP-Rezeptor für den Effekt der Gewichtsreduktion des Medikaments ist», sagt Kyle Sloop, leitender Wissenschaftler bei Eli Lilly and Company und ebenfalls Letztautor der Studie.PS