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«Zoom Fatigue»: Ermüdung durch Videokonferenzen erstmals neurophysiologisch nachgewiesen

Forscher der FH Oberösterreich und der TU Graz konnten anhand von EEG- und EKG-Daten belegen, dass Videokonferenzen und Online-Bildungsformate zu stärkerer Erschöpfung führen als Alternativen in Präsenz.

TU Graz18.11.20232"
Infolge der COVID-19-Pandemie hat die Zunahme virtueller Interaktionen eine neuartige Herausforderung hervorgebracht: die Ermüdung durch Videokonferenzen, auch bekannt als Zoom Fatigue bzw. Videoconference Fatigue. Diese Erschöpfung, gekennzeichnet durch ein Gefühl der Müdigkeit und Entfremdung aufgrund von zu langer oder unangemessener videobasierter Kommunikation, war bislang lediglich durch Befragungen und Selbsteinschätzungen von Nutzern untersucht worden. Einem interdisziplinären Forschungsteamum René Riedl von der FH Oberösterreich/Campus Steyr und Gernot Müller-Putz von der TU Graz ist es nun gelungen, Videoconference Fatigue auch neurophysiologisch nachzuweisen.

Vergleich zwischen Online-Vorlesung und Alternative im Hörsaal
In dem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt «Technostress in Organisationen» haben die Forscher eine neurowissenschaftliche Studie mit Studenten durchgeführt, um Videoconference Fatigue im Kontext der universitären Online-Lehre zu untersuchen. Die Probanden nahmen dafür an Vorlesungen teil, die sowohl klassisch im Hörsaal als auch videokonferenzbasiert stattfanden. Diese beiden experimentellen Bedingungen wurden dann miteinander verglichen.

EEG, EKG und Fragebogen
Das Forschungsteam hat Ermüdungsparameter neurophysiologisch auf der Basis der Elektroenzephalographie (EEG) und Elektrokardiographie (EKG) sowie per Fragebogen gemessen. Damit wurden sowohl objektiv bestimmbare physiologische Parameter erfasst als auch subjektive Wahrnehmungen. Die objektiven Befunde auf der Basis von EEG sowie spezifischer Parameter der Herzratenvariabilität zeigten ebenso wie die subjektiven Wahrnehmungen der Befragten, dass eine 50-minütige videokonferenzbasierte Vorlesung die Probanden signifikant mehr erschöpfte als eine gleich lange Vorlesung im klassischen Format im Hörsaal, wo sich Lehrende und Studierende von Angesicht zu Angesicht treffen.

Weitreichender Einfluss auf das Wohlbefinden
«Ein besseres Verständnis von Videoconference Fatigue ist wichtig, da dieses Phänomen weitreichenden Einfluss auf das Wohlbefinden von Einzelpersonen, zwischenmenschliche Beziehungen und organisationale Kommunikation hat», betont René Riedl. Gernot Müller-Putz erläutert weiter, dass «eine ganzheitliche Sichtweise auf die zugrunde liegenden psychologischen und physiologischen Mechanismen vonnöten ist, um effektive Strategien zur Bewältigung der schädlichen Auswirkungen von Videoconference Fatigue zu entwickeln».

Die beiden Wissenschafter bilden zusammen mit zwei nordamerikanischen Kollegen den Vorstand der Gesellschaft für Neuro-Informationssysteme (http://www.neurois.org). Dabei handelt es sich um einen gemeinnützigen internationalen Wissenschaftsverein, der von Wien aus die Forschung und Entwicklung an der Schnittstelle der Neurowissenschaften, Informationssystemforschung und Digitalisierung vorantreibt und unterstützt. Ein wesentliches Ziel dieser Gesellschaft ist es, Menschen bei der Nutzung von Digitaltechnologien zufriedener und produktiver zu machen. «Dazu ist ein besseres Verständnis der neurophysiologischen Prozesse in Körper und Gehirn der Nutzer unerlässlich», lautet der Tenor der beiden Wissenschafter.PS

  • Zur Originalpublikation
Riedl R, Kostoglou K et al.: Videoconference fatigue from a neurophysiological perspective: experimental evidence based on electroencephalography (EEG) and electrocardiography (ECG). Scientific Reports 13, 18371 (2023).

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