Die Zystektomie, bei der die Blase entfernt und eine alternative Harnableitung geschaffen wird, ist mit einem hohen Risiko für postoperative Komplikationen verbunden. Besonders häufig treten dabei Infektionen an der Operationswunde («surgical site infections»; kurz SSIs) auf. Um diese Infektionen zu verhindern, ist eine sorgfältige Infektionsprävention entscheidend. Hierbei spielt die perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP) eine wichtige Rolle. Die PAP senkt die Keimlast an der Operationsstelle und reduziert so das Risiko für Infektionen deutlich.
Aktuelle Richtlinien empfehlen für viele chirurgische Eingriffe, bei denen eine Kontamination mit Keimen möglich ist, eine PAP-Dauer von höchstens 24 Stunden. Für offene Blasenoperationen wie die Zystektomie gibt es jedoch bislang nur wenig wissenschaftliche Belege zur optimalen Dauer der Antibiotikatherapie. In der Praxis wird die empfohlene 24-Stunden-Gabe oft nicht umgesetzt, viele Kliniken verlängern die Antibiotikabehandlung sogar auf deutlich mehr als 48 Stunden. Eine längere Verabreichung von Antibiotika bringt aber keinen klaren Vorteil. Im Gegenteil: Ein zu langer Antibiotikaeinsatz kann erhebliche Kosten verursachen, Nebenwirkungen hervorrufen, die Entstehung von Antibiotikaresistenzen fördern und damit schwer behandelbare Infektionen begünstigen.
Kurzzeit-Antibiotika zeigt gleiche Wirkung wie Langzeittherapie
Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universitätskliniken für Infektiologie, Urologie und Anästhesiologie am Inselspital, Universitätsspital Bern hat deshalb in einer randomisierten klinischen Studie untersucht, ob die empfohlene 24-stündige Antibiotikaprophylaxe bei Blasenoperationen mit Harnableitung genauso effektiv ist wie eine längere Antibiotikagabe. Dazu wurden insgesamt 193 Patienten, bei denen aus onkologischen oder funktionalen Gründen eine Zystektomie durchgeführt wurde, zufällig in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe (95 Patienten) erhielt die PAP für nur 24 Stunden, die andere Gruppe (98 Patienten) wurde bis zur Entfernung aller Katheter und Stents nach der Operation (mehr als 48 Stunden) mit Antibiotika behandelt.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Häufigkeit von Infektionen an der Operationswunde in der Gruppe mit einer 24-stündigen Antibiotikaprophylaxe nach 90 Tagen Beobachtungszeit nicht höher war als in der Gruppe, die eine längere Antibiotikatherapie erhielt. Dies deutet darauf hin, dass eine kürzere Antibiotikabehandlung genauso wirksam ist wie eine verlängerte. Zudem gab es zwischen den Gruppen keine Unterschiede in der Sterblichkeitsrate und der Dauer des Krankenhausaufenthalts.
«Unsere Studie ist die erste, die evidenzbasiert zeigt, dass eine kurze, 24-stündige Antibiotikaprophylaxe bei Blasenentfernungen sicher und effektiv ist,» erklärt PD Dr. med. Christine Thurnheer, Studienleiterin und Leitende Ärztin an der Universitätsklinik für Infektiologie am Inselspital. «Diese Ergebnisse sollten zukünftig helfen, die empfohlene Antibiotikadauer in der Praxis besser umzusetzen und unnötige Antibiotikagaben mit entsprechenden Nebenwirkungen zu vermeiden.» So könnten die Studienergebnisse die Praxis der Infektionsprävention nachhaltig verändern. «Unser Ziel ist es, durch die Erkenntnisse nicht nur die Behandlungsqualität zu verbessern, sondern auch einen Beitrag zum verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika zu leisten,» ergänzt Prof. Dr. med. Fiona Burkhard, Chefärztin an der Universitätsklinik für Urologie und Letztautorin der Studie.
Expertinnen
- PD Dr. med. Christine Thurnheer, Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, und Universität Bern
- Prof. Dr. med. Fiona Burkhard, Universitätsklinik für Urologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, und Universität Bern
Quelle
Insel Gruppe - Inselspital, Universitätsspital Bern
Freiburgstrasse 41, 3010 Bern