Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) lancierte bereits im April 2020 das Nationale Forschungsprogramm «COVID-19» (NFP 78), ausgestattet mit einem Budget von 20 Millionen Franken. Seither erarbeiteten rund 200 Forscher in 28 Projekten eine Vielzahl von Ergebnissen zur Coronapandemie und zum Umgang mit künftigen Pandemien.
Die biomedizinischen Projekte betrieben Grundlagenforschung, um besser zu verstehen, wie das Virus SARS-CoV-2 Krankheiten und Reaktionen des Immunsystems auslöst. Neue Ansätze in der Epidemiologie und Prävention beschäftigten sich mit den Übertragungswegen des Virus und mit der Entwicklung von Schutzmassnahmen. Diverse Projekte trugen zur Entwicklung von Diagnostika, Medikamenten und Impfstoffen bei, und mehrere klinische Studien untersuchten therapeutische Interventionen, um die Behandlung von COVID-19-Erkrankungen zu verbessern.
Extrem dynamisches Forschungsfeld
Die wohl grösste Herausforderung für alle Forscher war der Umgang mit dem ausserordentlich dynamischen Forschungsfeld, dessen hohes Tempo sich unter anderem durch die weltweite Dimension der Pandemie ergab. In dieser Krisensituation zeigte sich, dass die Schweizer Forschung sehr schnell Ergebnisse liefern kann. «Viele Aspekte der COVID-19-Pandemie waren zu Beginn des Forschungsprogramms noch gar nicht bekannt. Zum Beispiel hatten wir nicht erwartet, dass die Impfstoffe so schnell entwickelt werden könnten. Deshalb legten wir in der ersten Phase einen starken Fokus auf die Behandlung. Und so haben wir uns während der gesamten Forschungsphase agil an die neuen Entwicklungen angepasst», erklärt Nicolas Rodondi, Professor am Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM) und Mitglied der Leitungsgruppe des NFP 78. «Weiter hatte dies zur Folge, dass wir prägende Phänomene wie Long-COVID erst im Verlauf des Programms erforschen konnten.»
Forschung im Dienst der Behörden
Gerade in der frühen Phase der Pandemie lieferten epidemiologische und umfangreiche Monitoring-Projekte des NFP 78 wichtige Erkenntnisse für das vom Bundesrat eingesetzte wissenschaftliche Beratungsgremium, die COVID-19-Taskforce, und für das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Projekte zum Mobilitätsverhalten der Bevölkerung während der Pandemie und zur Übertragbarkeit des Virus oder wöchentliche Analysen zur Akzeptanz von Schutzmassnahmen unterstützten den Bundesrat und die Behörden bei ihren Entscheidungen. «Forschungsarbeiten sind für die öffentliche Verwaltung von grossem Nutzen und sie sind ein wichtiger Teil der Entscheidfindung. Die Forschung spielte insbesondere bei der Früherkennung von Ausbrüchen und bei der allgemeinen Bekämpfung der Pandemie eine entscheidende Rolle», resümiert Linda Nartey, Vizedirektorin des Bundesamts für Gesundheit. Das BAG ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Verwaltung weiter gestärkt werden muss: «Es braucht eine klare Rollenteilung, abgestimmte Kommunikation, eine Zusammenarbeit, die auf Vertrauen und Transparenz basiert und günstige Rahmenbedingungen für die Projektvergabe».
Positive Bilanz und Lehren für kommende Krisen
Marcel Salathé, Professor für Epidemiologie an der EPFL, war Präsident der Leitungsgruppe des NFP 78. Seine Bilanz der Ergebnisse aus den Forschungsprojekten ist rundum positiv. Abgesehen von den Forschungsergebnissen hat das Forschungsprogramm in der Krisensituation auch noch weitere Erkenntnisse gebracht: «Es herrscht Optimierungsbedarf bei der Zusammenarbeit der Wissenschaft mit öffentlicher Verwaltung und Behörden. Dabei ist es zentral, diesen Austausch zu institutionalisieren, damit das Zusammenspiel der beiden Akteure bei einer neu aufkommenden Krise bereits funktioniert.» Im Synthesebericht des NFP 78 zählt er einige Möglichkeiten auf, wie dies umgesetzt werden könnte: mit regelmässigen Symposien zum Wissenstransfer, mit einem gemeinsamen Doktoratsprogramm einer Universität und des Bundesamts für Gesundheit sowie mit Austauschprogrammen von wissenschaftlichen Angestellten der öffentlichen Verwaltung und Angehörigen der Universitäten.PS