Die Parkinson-Krankheit ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung, deren Inzidenz stetig steigt. Während bestehende Therapien die motorischen Symptome für einige Jahre in Schach halten und lindern können, bleibt das Fortschreiten der Krankheit unaufhaltsam. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht in Nature Communications über die Behandlung von zwei Patienten, einem Mann und einer Frau, sorgt für Aufsehen.
Beide Personen litten an einer REM-Schlafverhaltensstörung, die häufig auf eine beginnende Parkinson-Erkrankung hinweist. Diese Störung äussert sich durch Bewegungen während des REM-Schlafs, der normalerweise durch Muskeltonus-Entspannung gekennzeichnet ist. Bei gesunden Menschen bleibt die Muskulatur während dieser Phase inaktiv. Die Aktivierung der Muskulatur wird vom Gehirn verhindert, sodass wir unsere Träume nicht motorisch ausleben. Bei der REM-Schlafverhaltensstörung funktioniert die Hemmung der Muskulatur nicht. Betroffene bewegen sich heftig, was nicht nur zu Verletzungen des Partners führen kann, sondern auch ein stark erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung von Parkinson darstellt – etwa 85 Prozent der Patienten mit REM-Schlafverhaltensstörung erkranken später an Parkinson.
Zusätzlich zu dieser Störung zeigten die Patienten in bildgebenden Verfahren typische Parkinson-Veränderungen, wie den Verlust von dopaminergen Neuronen. Diese Befunde deuten darauf hin, dass die Patienten wahrscheinlich irgendwann Parkinson entwickeln werden, es sei denn, es wird ein wirksames Medikament gefunden.
Beide Patienten wurden über 22 Monate mit Acetyl-DL-Leucin behandelt, einem modifizierten Aminosäure-Molekül, das bereits bei anderen Erkrankungen Erfolge zeigte. Acetyl-DL-Leucin wirkt, indem es den Energiestoffwechsel in den Zellen unterstützt und die Energieproduktion in den Mitochondrien anregt. Acetyl-DL-Leucin könnte somit dafür sorgen, dass die Zelle wieder reibungslos funktioniert. Dies ist ein neuer, vielversprechender Wirkmechanismus. Nach nur drei Wochen Behandlung zeigten die Patienten Verbesserungen in der REM-Schlafstörung und eine Stabilisierung über den gesamten Zeitraum. Bildgebende Verfahren belegen auch eine Erholung des Gehirns und eine deutliche Verbesserung der Dichte der dopaminergen Neuronen.
Allerdings handelt es sich nur um einen Bericht über zwei Einzelfälle, und um den therapeutischen Effekt von Acetyl-DL-Leucin eindeutig nachzuweisen, sind kontrollierte Studien erforderlich. Immerhin deutet die Besserung bei beiden Betroffenen darauf hin, dass es sich tatsächlich um einen therapeutischen Effekt von Acetyl-DL-Leucin handelt Der Leiter der Studie, Prof. Wolfgang Oertel, betont die Ungewöhnlichkeit der Ergebnisse. Die Fortschritte lassen hoffen, dass Acetyl-DL-Leucin möglicherweise eine neue Therapieoption für Parkinson-Patienten darstellt. Die kommenden Studien werden entscheidend sein, um diese vielversprechenden ersten Ergebnisse zu bestätigen.
Quelle:
Oertel et al.: Acetyl-DL-leucine in two individuals with REM sleep behavior disorder improves symptoms, reverses loss of striatal dopamine-transporter binding and stabilizes pathological metabolic brain pattern—case reports. Nat Commun, 2024. doi: 10.1038/s41467-024-51502-7