Die Forscher haben 25 Personen aus Schweizer Gesundheitsämtern befragt, mit welchen Hindernissen sie bei der COVID-19-Kommunikation mit der Öffentlichkeit konfrontiert waren. Dabei handelte es sich um Mitarbeiter von kantonalen Gesundheitsämtern und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), die in den ersten beiden Coronawellen 2020 und 2021 Kommunikationsrollen innehatten. Die Studie ist Teil eines vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Forschungsprojekts unter der Leitung von Prof. Dr. Sara Rubinelli und Dr. Nicola Diviani, welches wichtige Erkenntnisse für die Kommunikation in zukünftigen Gesundheitskrisen liefern soll (siehe Box unten).
Träge Verwaltung als Hindernis
Die grössten Schwierigkeiten bereitete den Behörden gemäss der Studie die Tatsache, dass zu wenig Erfahrung und Fähigkeiten vorhanden waren, um im Krisenfall schnell und effektiv mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. In Sachen Krisenkommunikation und im Umgang mit Social Media seien die grössten Wissenslücken vorhanden gewesen. Ausserdem sei auch ausgebildetes Kommunikationspersonal oft nicht erfahren genug gewesen, um andauernd, schnell und präzise gleichzeitig zu kommunizieren.
Eine weitere Belastung für die Gesundheitsämter war gemäss den Forschern, dass schlicht zu wenig Personal vorhanden war, um mit dem massiv gestiegenen Informationsbedürfnis der Bevölkerung umzugehen. Eine weiter Hürde in der Kommunikation waren starre Verwaltungsstrukturen. Diese liessen einerseits nicht zu, dass benötigte Ressourcen wie Geld und Personal umverteilt wurden. Andererseits erschwerten festgeschriebene Prozesse, dass kreative und flexible Ansätze in der Kommunikation ausprobiert werden konnten. Solche Versuche hätten gemäss den Forschern wichtige Erkenntnisse über wirksame Kommunikationsstrategien in der Krise liefern können.
Der Umgang mit Fake News
Neben internen Hürden erschwerten auch gesellschaftliche Faktoren eine effektive Krisenkommunikation der Behörden. Eine grosse Herausforderung für die Gesundheitsämter stellte die Komplexität der wissenschaftlichen Lage rund um COVID-19 dar. Verwaltungen mussten unsichere und vorübergehende wissenschaftliche Erkenntnisse in eindeutigen Botschaften an die Öffentlichkeit tragen. Das von den Befragten als gering empfundene oder abnehmende Vertrauen der Öffentlichkeit in Wissenschaft und Institutionen war eine zusätzliche Schwierigkeit. Die rasante Verbreitung von Halbwahrheiten und Fake News über Social Media trugen ebenfalls zu den Kommunikationsschwierigkeiten der Gesundheitsämter bei.
Was für die nächste Krise wichtig ist
Um die Gesundheitskommunikation der Behörden für künftige Krisen besser vorzubereiten, bräuchte es mehr spezifische Ausbildungen und zusätzliches Kommunikationspersonal, so die Studienautoren. Das reiche allerdings nicht. Es brauche einen Kulturwandel: Alle, die an der Kommunikationsplanung beteiligt seien, müssten sich der zentralen Rolle der Kommunikation im Gesundheitsbereich bewusst werden. Nur so könne die Wirksamkeit der Gesundheitskommunikation für kommende Krisen gewährleistet werden.PS
Förderung durch den Nationalfonds
Die Studie entstand als Teil des Forschungsprojekts «Developing Standards for Institutional Health Communication during Public Health Emergencies. Learning from Information around COVID-19 Pandemic as a Case in Point». Dieses wurde mit einem Betrag von rund 273 000 Franken vom Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen der «Sonderausschreibung Coronaviren» unterstützt.
Geleitet von Prof. Dr. Sara Rubinelli (Universität Luzern) und Dr. Nicola Diviani (Schweizer Paraplegiker-Forschung in Nottwil), war es das Ziel des auf zwei Jahre angelegten und nun abgeschlossenen Projekts, Leitlinien für die institutionelle Kommunikation in Gesundheits-Krisensituationen zu erarbeiten. Insbesondere soll dadurch die Verbreitung von Fehlinformationen verhindert werden.