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Ultraschall schaltet Krebsmedikament scharf

Chemotherapeutische Behandlungen erzeugen starke Nebenwirkungen. Ein neuer Wirkstoffkomplex, der sich im Tumorgewebe anreichert und erst dort durch Ultraschallwellen aktiviert wird, hat dieses Problem nicht.

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Platinkomplexe gehören zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten gegen Krebserkrankungen. Sie sind erfolgreich, haben aber schwere Nebenwirkungen. Ein internationales Forschungsteam um Dr. Johannes Karges von der Fakultät für Chemie und Biochemie der Ruhr-Universität Bochum hat einen Wirkstoffkomplex entwickelt, der sich in Tumorgewebe anreichert und erst dort durch Ultraschallwellen scharfgeschaltet wird.

Seine zellschädigende Wirkung entfaltet sich dadurch nur dort, wo sie auch erwünscht ist. «Wo frühere Studien auf Lichtaktivierungen angewiesen waren, welche nur einige Millimeter tief in das Gewebe eindringen können, haben wir nun eine Therapiemethode mit Ultraschallaktivierung entwickelt, welche mehrere Zentimeter tief in den Körper eindringt», so Karges. Dies könnte die nebenwirkungsarme Behandlung auch für grosse und tiefliegende Tumoren ermöglichen.

Im gesunden Gewebe unschädlich
Die Platin(II)-Komplexe Cisplatin, Oxaliplatin und Carboplatin gehören unter anderem zu den am häufigsten eingesetzten Krebsmedikamenten. Ihrem klinischen Erfolg stehen schwere Nebenwirkungen gegenüber, etwa Übelkeit, Erbrechen, Nierenschäden und Unterdrückung des Knochenmarks. Um diese Einschränkungen zu überwinden, wurden in den vergangenen Jahrzehnten grosse Forschungsanstrengungen in die Entwicklung von Platin(IV)-Komplex-Prodrugs investiert. «Diese Medikamentenvorstufen sind stabil und inaktiv, also völlig unschädlich», erklärt Johannes Karges. «Im gesunden Gewebe sollen sie das auch bleiben. Im Krebsgewebe jedoch sollen sie schnell in die therapeutisch aktiven Platin(II)-Komplexe umgewandelt werden.»

Für die Reduktion des Metallkomplexes wird Energie benötigt. Bisherige Studien berichteten über eine Aktivierung mit ultraviolettem, blauem oder rotem Licht. «Das Problem besteht darin, dass Licht nur weniger als einen Zentimeter tief in den Körper eindringen kann und somit viele Tumoren nicht erreicht», erläutert Johannes Karges. Um diese Einschränkung zu überwinden, hat sein Team erstmals Platin(IV)-Komplex-Prodrugs mit Sonosensibilisatoren kombiniert, die mit Ultraschallbestrahlung selektiv aktiviert werden können.

Nanopartikel reichern sich im Tumor an
Um einen therapeutisch wirksamen Komplex zu entwickeln, haben die Forschenden die Platin(IV)-Komplex-Prodrugs und die Sonosensibilisatoren zusammen in Hämoglobin zu Nanopartikeln verkapselt. «Wir konnten beobachten, dass sich die Nanopartikel nach Injektion in die Blutbahn selektiv in einem Darmtumor der Maus anreichern und damit eine zielgerichtete Behandlung unterstützen», berichtet Johannes Karges. «Nach der Bestrahlung mit Ultraschall wurde das Platin(IV)-Prodrug an der Tumorstelle aktiviert, was zur Freisetzung des zellgiftigen Cisplatins und zur fast vollständigen Ausrottung des Tumors führte.»

Vorteile des Ultraschalls
Diese Ergebnisse könnten den Weg für die Entwicklung neuartiger Techniken und Wirkstoffe für die Behandlung sehr grosser oder tiefsitzender Tumore ebnen. Ultraschall kann um mehr als eine Grössenordnung tiefer in das Gewebe eindringen als Nahinfrarotlicht. Darüber hinaus werden Ultraschallbehandlungen im Allgemeinen als wenig invasiv und einfach in der Anwendung angesehen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Kliniken in der Regel bereits mit den erforderlichen Geräten ausgestattet sind. «Bei unseren Arbeiten handelt es sich noch um Grundlagenforschung», unterstreicht Johannes Karges. «Ob und wann darauf basierende Therapien in der klinischen Praxis angeboten werden können, ist noch nicht abzusehen.»PS

  • Zur Originalpublikation
Liang G et al.: Reduction of Platinum(IV) Prodrug Hemoglobin Nanoparticles with Deeply-Penetrating Ultrasound Radiation for Tumor-Targeted Therapeutically Enhanced Anticancer Therapy, in: Angewandte Chemie International Edition, 2023, DOI: 10.1002/anie.202301074

Quelle: Ruhr Universität Bochum (RUB)/Pressemitteilung, 05.04.2023

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