Ungeplante Schwangerschaften – Pille kann unwirksam werden
Medikamente wie GLP-1-Analoga und GIP/GLP-1-Doppelagonisten – ursprünglich für die Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt – gewinnen zunehmend an Bedeutung bei der Therapie von Adipositas. «Viele stark übergewichtige Frauen unterschätzen die Auswirkungen der Therapie mit GLP-1-Analoga auf ihren Zyklus: Bereits eine Gewichtsreduktion von 5 bis 10 Prozent kann den Eisprung normalisieren», warnt Professor Dr. med. Ute Schäfer-Graf, Mitglied der AG Diabetes und Schwangerschaft der DDG. Für Frauen ohne Kinderwunsch sei daher eine sichere Verhütung besonders wichtig, so Schäfer-Graf. In der aktuellen DDG-Stellungnahme weist die Diabetologin auch darauf hin, dass die Einnahme von GLP-1-Analoga die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva wie der Pille beeinträchtigen kann – etwa durch Nebenwirkungen wie Erbrechen oder verzögerte Magenentleerung. «Deshalb sollten alternative Verhütungsmethoden während der Therapie in Betracht gezogen werden», gibt Schäfer-Graf zu Bedenken.
GLP-1-Analoga: Hoffnung für Frauen mit PCOS und Kinderwunsch
Durch die Verbesserung der Insulinempfindlichkeit und die Stabilisierung des Hormonhaushalts steigern GLP-1-Analoga die Chance auf eine Schwangerschaft und sind in klinischen Studien sogar effektiver als das Goldstandard-Medikament Metformin. Untersuchungen zeigen, dass diese Wirkstoffe besonders Frauen mit Diabetes und einem polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS) helfen können, Gewicht zu reduzieren und ihre Fruchtbarkeit zu verbessern. «GLP-1-Analoga bieten eine vielversprechende Option für diese Patientinnen, die oft unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden», erklärt Schäfer-Graf. Die Diabetologin warnt jedoch davor, die Medikamente in Eigenregie als «Fruchtbarkeits-Booster» zu verwenden.
GLP-1-Analoga und Tirzepatid nicht während der Schwangerschaft einnehmen
Denn für Frauen, die während der Therapie mit diesen Antidiabetika schwanger werden, ist Vorsicht geboten: Obwohl erste Untersuchungen an Schwangeren keine direkten Fehlbildungen durch GLP-1-Analoga zeigen, gibt es Hinweise aus Tierstudien auf potenzielle Risiken wie Wachstumsstörungen und eine unzureichende Nährstoffversorgung des Fötus. «GLP-1-Analoga sollten daher mindestens zwei Monate vor einer geplanten Schwangerschaft abgesetzt werden, bei langwirkenden Präparaten wie Depot-Exenatid sogar drei Monate vorher», rät Schäfer-Graf. Einzelne Berichte zeigen, dass manche Frauen das Medikament während der Schwangerschaft fortsetzen, um die gefürchtete Gewichtszunahme durch ein Absetzen des Medikaments zu verhindern – ein Vorgehen, das aufgrund der unklaren Datenlage ausdrücklich nicht empfohlen wird.
Allerdings birgt auch der so genannte Rebound-Effekt Gefahren für die werdende Mutter und das Kind: «Die erneute Gewichtszunahme kann zu Komplikationen in der Schwangerschaft führen wie Bluthochdruck der Mutter oder einer Fehlgeburt», erklärt Schäfer-Graf. Daher sollten Schwangere hinsichtlich ihrer Diabetestherapie umfassend beraten werden.
Verstärkte Beratung und Forschung notwendig
«Frauen müssen wissen, wie diese neueren Antidiabetika auf ihre Fruchtbarkeit wirken und welche Risiken eine Schwangerschaft während der Therapie birgt», so die Expertin. Angesichts der zunehmenden Anwendung von GLP-1-Analoga fordert die DDG weitere Studien, um die langfristigen Auswirkungen der Therapie auf Mutter und Kind besser zu verstehen. Diese Medikamente haben grosses Potenzial, doch ihre Anwendung erfordert eine enge ärztliche Begleitung und individuelle Beratung, um Chancen gezielt zu nutzen und Risiken zu minimieren.
Quelle:
Pressestelle DDG
Michaela Richter/Christina Seddig
richter@medizinkommunikation.org