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Versteckter Hörverlust: Forscher finden überraschende Hinweise auf bislang unbekannte Ursache

Untersuchungen an Wüstenrennmäusen rücken Prozesse im Zentralnervensystem in den Fokus.

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In ruhiger Umgebung scheint das Gehör noch gut zu funktionieren, nur in Situationen mit vielen Hintergrundgeräuschen fällt es schwer, zum Beispiel Gespräche richtig zu verstehen: Dieser versteckte Hörverlust könnte eine andere Ursache haben als bisher angenommen. Das haben Forscher der Universität Oldenburg und der Medizinischen Hochschule Hannover herausgefunden, die gemeinsam im Exzellenzcluster Hearing4all an klinischen und praktischen Problemen rund ums Hören arbeiten.

Rezeptoren im Gehirn statt Innenorhschäden?
Bei Untersuchungen von Wüstenrennmäusen, die Schall ganz ähnlich wahrnehmen wie Menschen, hat das Team Hinweise darauf gefunden, dass bestimmte Rezeptoren im Gehirn eine entscheidende Rolle dafür spielen könnten, wie das Gehirn verschiedene Schallquellen voneinander trennt und so das Richtungshören ermöglicht. Dass diese Rezeptoren dementsprechend auch für die Verschlechterung verantwortlich sein könnten, widerspricht der langjährigen Annahme, dass etwa durch laute Musik verursachte Schäden im Innenohr den versteckten Hörverlust verursachen.

Das Team um Neurowissenschaftlerin Dr. Sandra Tolnai und Prof. Dr. Georg Klump, Professor für Zoophysiologie und Verhalten an der Universität Oldenburg hatte in verschiedenen Versuchen das Richtungshören von jungen, mittelalten und alten mongolischen Wüstenrennmäusen untersucht. Das Richtungshören ist eine wichtige Fähigkeit, die es erleichtert, Schallquellen getrennt wahrzunehmen. Die Forscher konnten nachweisen, dass diese Fähigkeit bereits bei mittelalten Tieren eingeschränkt war, obwohl sie ansonsten normal hören konnten. Mithilfe der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) erstellten die Forscher Hirnscans, anhand derer sie die Verarbeitungsprozesse in den Hörarealen des Gehirns untersuchten. Ihr Augenmerk lag dabei auf Rezeptoren von Nervenzellen, die es ermöglichen, Informationen zwischen Nervenzellen zu übertragen. In den Untersuchungen der Forscher zeigte sich, dass sich die mittelalten und alten Mäuse in einem Aspekt von den jüngeren Tieren unterschieden: Bestimmte hemmende Rezeptoren waren verändert.

Rezeptoren für Gamma-Aminobuttersäure
Bei den untersuchten Rezeptoren handelt es sich um solche für den Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure. Dieser hemmende Botenstoff verstärkt Unterschiede im Antwortverhalten von Nervenzellen und hilft so, interessierante Signale von Störgeräuschen zu trennen. Die Forscher vermuten, dass die Informationsverarbeitung aufgrund der Veränderungen der Rezeptoren nicht mehr wie in jungen Jahren ablaufen kann:  «Die zentralnervösen Prozesse im Organismus haben bei den untersuchten Wüstenrennmäusen damit vermutlich einen grösseren Einfluss auf die beobachteten Einschränkungen im Richtungshören als bisher angenommen», betont Klump.

Die Forscher konnten in derselben Studie zeigen, dass die Zahl der funktionsfähigen Synapsen im Innenohr bei mittelalten Tieren in der Studie nicht nennenswert zurückgegangen war. Für die bisherige Annahme, ihre Schädigung könnte die Ursache für den versteckten Hörverlust und damit verbundene Schwierigkeiten im Richtungshören sein, gab es also keine Anhaltspunkte.

Aus dieser Erkenntnis ergeben sich völlig neue Forschungsansätze im Zusammenhang mit dem versteckten Hörverlust: Neben dem mit fortschreitendem Alter schlechter werdenden Richtungshören könnten laut Klump zum Beispiel auch Defizite in der Sprachwahrnehmung auf Veränderungen zentralnervöser Mechanismen im Gehirn zurückzuführen sein.PS

  • Zur Originalpublikation
Sandra Tolnai, Georg Klump et al: Age-Related Deficits in Binaural Hearing: Contribution of Peripheral and Central Effects. The Journal of Neuroscience (2024); doi.org/10.1523/jneurosci.0963-22.2024

Quelle: Universität Oldenburg, Pressemitteilung vom 18.09.2024

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