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Werbeverbot für Junkfood: was sagt die Evidenz?

Aktuell ist eine politische Debatte entbrannt, ob ein Werbungsverbot für ungesunde Lebensmittel für Kinder und Jugendliche sinnvoll ist. Cochrane Deutschland stellt die Evidenz aus Reviews vor, die für diese Frage relevant ist.

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In Deutschland plant Bundesernährungsminister Cem Özdemir (B90/Die Grünen), an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett und Salz gesetzlich zu verbieten. Werbung für sogenanntes Junkfood einzudämmen, fordern auch Kinder- und Jugendärzte, Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen seit Jahren. Gegner wittern darin staatliche Bevormundung. Doch was sagen Studien zu diesem politisch heiklen Thema?

Cochrane-Evidenz exakt zu dieser Fragestellung gibt es leider nicht. Doch man kann sich ihr durch den Blick auf verwandte Themen annähern. So hat die Cochrane Collaboration verschiedene Studien zu den Auswirkungen von Werbung bzw. Werbeverboten (allerdings für Tabak bzw. Alkohol) ausgewertet und den Nutzen von Interventionen für einen gesünderen Lebensstil bei Kindern untersucht.
  1. Ein Cochrane Review aus dem Jahr 2014 untersucht, ob Werbebeschränkungen für Alkohol den Alkoholkonsum verringern. Auch wenn sich hieraus Hinweise ergeben, dass sich Alkoholwerbung im Kino auf den Konsum von Alkohol unmittelbar danach auswirkt, ist die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz zu niedrig, um daraus belastbare Schlussfolgerungen zu ziehen.
  2. Ein Cochrane Review von 2011 evaluiert, welchen Einfluss Werbung auf den Tabakkonsum hat. Demzufolge erhöhte sich in 18 von 19 eingeschlossenen Studien bei Teilnehmern, die mehr Werbung ausgesetzt waren oder diese bewusster aufgenommen hatten, die Wahrscheinlichkeit, später zu rauchen.
  3. Ein Cochrane Review aus dem Jahr 2019 zeigt, dass ein eingeschränkter Verkauf von Softdrinks an Schulen den Süssgetränkekonsum von Kindern und Jugendlichen möglichweise reduziert (bei niedriger Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Auch zur Verfügung gestellte kalorienärmere Getränke oder Wasser in der häuslichen Umgebung führten bei übergewichtigen Jugendlichen mit zuvor hohem Softdrinkkonsum zu einer Gewichtsabnahme (hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).
  4. Ein weiterer Cochrane Review untersuchte, ob andersherum Massnahmen zur Förderung einer gesunden Ernährung und zur Steigerung körperlicher Aktivität bei Kindern und Jugendlichen helfen, Adipositas vorzubeugen. Die Kinder bekamen beispielsweise «Sterne» für jede von drei «guten Gesundheitsverhaltensweisen», etwa dem Verzehr einer Portion Obst oder Gemüse, der Wahl eines fett- und zuckerarmen Getränks oder für das Zurücklegen von 5000 Schritten. Das Ergebnis: Die Evidenz legt für alle Altersklassen, vom Kleinkind bis zum Jugendlichen, nahe, dass nur Interventionen, die gleichzeitig sowohl auf mehr körperliche Aktivität, als auch bessere Ernährung abzielten, das Risiko von Adipositas senken. Sich ausschliesslich auf die Ernährung zu konzentrieren, könnte demnach höchstens für Kindergartenkinder einen gewissen Effekt haben, der sich bei älteren Kindern aber nicht zeigte.
Was bedeutet das?
Die bisher verfügbare Evidenz zeigt einerseits, dass sowohl Werbung als auch eine leichte Verfügbarkeit von ungesunden Nahrungs- oder Genussmitteln deren Konsum tatsächlich begünstigt. Andererseits können sich Interventionen, die auf bessere Ernährung in Kombination mit mehr Bewegung abzielen, durchaus positiv auf die Vermeidung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen auswirken.

Ob ein Werbungsverbot für ungesunde Lebensmittel seinen Zweck erfüllen wird, lässt sich auf Basis der bisherigen Studienlage kaum beantworten. Im Fall von Zigaretten gingen in Deutschland verschiedene staatliche Eingriffe wie das Rauchverbot in Gaststätten, die Ausweispflicht an Zigarettenautomaten, höhere Steuern oder eben Werbeverbote insgesamt mit einem starken Rückgang des Tabakkonsums einher. Allerdings bleibt unklar, wie gross der Beitrag jeder einzelnen Massnahme war, weil es an aussagekräftigen Studien mangelt. Ein Grund dafür sind grundlegende methodische Probleme, solche Massnahmen zu untersuchen. Umso wichtiger wäre es, nun begleitend zum Gesetz zusammen mit Experten eine möglichst aussagekräftige Begleitforschung einzuplanen. Sie könnte helfen, die grossen Evidenzlücken zu schliessen, die es im Bereich der sogenannten Verhältnisprävention, also der Beeinflussung von gesundheitsbezogenem Verhalten, noch gibt.PS

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