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Wiederholte Entzündungen lassen das blutbildende System altern

Wiederholte, kurze Entzündungen im jungen und mittleren Lebensalter führen bei Mäusen zu einem dauerhaften Rückgang an funktionsfähigen Blutstammzellen. Das zeigten Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und vom Stammzellinstitut HI-STEM. Selbst ein Jahr nach der letzten Entzündung hatte sich die Fähigkeit zur Selbsterneuerung der Blutstammzellen nicht wieder regeneriert. Das Blutbild der Tiere wies dieselben klinisch relevanten Veränderungen auf, wie sie auch bei manchen alten Menschen beobachtet werden. Das kann darauf hindeuten, dass Entzündungen und Infekte wesentlich zum altersbedingten Abbau des blutbildenden Systems beitragen.

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Bei älteren Menschen kommt es manchmal zu Krankheiten des blutbildenden Systems, etwa zu Blutarmut oder zu bestimmten Formen von Blutkrebs. Ursache für diesen altersabhängigen Funktionsverlust können nach Expertenmeinung unter anderem chronische, unterschwellige Entzündungsprozesse sein, die im höheren Lebensalter auftreten und die Regenerationsfähigkeit der Blutstammzellen beeinträchtigen.

Doch können Entzündungen und Infektionen auch in jüngeren Lebensjahren die Blutstammzellen dauerhaft schädigen und damit altersbedingten Erkrankungen Vorschub leisten? «Das war bislang nicht bekannt», erklärt Mick Milsom vom Deutschen Krebsforschungszentrum und vom Stammzell-Institut HI-STEM.

«Wir haben deshalb die Funktion der Blutstammzellen nach kurzen Entzündungen oder Infektionen aufwändig in Mäusen untersucht. Dabei haben wir überraschenderweise keinerlei Anzeichen für eine Regeneration der Stammzellen beobachtet. Die Schädigung ist langanhaltend und möglicherweise sogar irreversibel.»

Die Forscher spritzten Mäusen wiederholt eine entzündungsfördernde Substanz oder bestimmte Bakterien, mit vierwöchigen Abständen zwischen den Injektionen. Zwischen den Behandlungen erholten sich die Blutstammzellen der Tiere nicht.

Die Forscher erkannten auch die Ursache für den Funktionsverlust des blutbildenden Systems: Diejenigen Blutstammzellen der Mäuse, die durch die entzündlichen Stimuli zur Zellteilung angeregt worden waren, hatten ihre entscheidende Eigenschaft verloren. Keine der beiden Tochterzellen erbte die volle Kapazität zur Selbsterneuerung. Das bedeutet, dass sich das blutbildende System der Mäuse langfristig erschöpft, denn bei jeder folgenden Entzündung verlieren weitere Stammzellen ihre Regenerationsfähigkeit.

«Diese Beobachtung im Tierexperiment widerspricht der gängigen Lehrmeinung: Bislang waren wir davon ausgegangen, dass Blutstammzellen nach einer kurzfristigen Aktivierung wieder in eine Art Schlafzustand verfallen, der ihre Kapazität zur Selbsterneuerung dauerhaft schützt», erklärt Milsom die überraschenden Aspekte seiner Arbeit.
Milsoms Ergebnisse können die Entstehung altersabhängiger Erkrankungen des blutbildenden Systems erklären: Wiederholte Entzündungen oder Infekte, wie sie im Leben jedes Organismus vorkommen, könnten eine kumulative Beeinträchtigung der Blutstammzellen bewirken – selbst, wenn Monate oder Jahre zwischen den Ereignissen liegen.

Insgesamt führten die Entzündungen bei jungen Mäusen zu einer anhaltenden Veränderung des blutbildenden Systems, die den altersbedingten Veränderungen ähnelt, die bei manchen alten Menschen gefunden werden. Dazu zählen unter anderem Anämie sowie ein Rückgang der Zellzahl im Knochenmark.

«Entzündungen und Infektionen in jungen Jahren können offenbar das blutbildende System vorzeitig altern lassen», fasst Milsom die Ergebnisse der Laborexperimente zusammen. «Wir wollen daher als nächstes untersuchen, ob eine prophylaktische anti-entzündliche Behandlung die Entstehung alternsabhängiger Krankheiten des Blutsystems hinauszögern könnte. Dabei muss natürlich sichergestellt sein, dass die lebenswichtige Immunabwehr gegen Krankheiterreger nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.»PS

  • Zur Originalpublikation
Bogeska R et al.: Inflammatory exposure drives long-lived impairment of hematopoietic stem cell self-renewal activity and accelerated aging. CELL Stem Cell 2022, DOI:10.1016/j.stem.2022.06.012

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)/Pressemitteilung, 04.08.2022

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