Die DGN-Leitlinie «Ataxien des Erwachsenenalters» entstand in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP), der Deutschen Heredo-Ataxie-Gesellschaft (DHAG), der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik (GfH), der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft (SNG) und wurde als primäre Diagnoseleitlinie der Fachgesellschaft eingestuft.
Ataxien haben eine Prävalenz von etwa 10–20:100 000. Es handelt sich um eine ätiologisch heterogene Gruppe von Krankheiten. Aufgrund der Heterogenität und Komplexität der Ataxien sowie bisher nicht standardisierter Diagnosepfade bestand grosse Unsicherheit hinsichtlich der Diagnostik und diagnostischen Zuordnung von Patienten mit Ataxien.
Biochemische und molekulargenetische Labordiagnostik
Die aktuelle Leitlinie empfiehlt ein standardisiertes Vorgehen, denn ausgehend von charakteristischen klinischen Konstellationen lassen sich mit Hilfe biochemischer und molekulargenetischer Labordiagnostik in den meisten Fällen definitive Diagnosen stellen. Gerade die Möglichkeiten der molekulargenetischen Diagnostik bei genetisch bedingten Ataxien haben sich durch die Einführung von Methoden des Next Generation Sequencing in die Routinediagnostik erheblich erweitert.
Therapeutische Möglichkeiten immer noch begrenzt
Die Datenlage zu therapeutischen Möglichkeiten ist hingegen noch immer stark limitiert, sodass kaum evidenzbasierte Aussagen getroffen werden können. Dennoch finden in der Leitlinie auch therapeutische Aspekte Beachtung. Beispielsweise wurden die ursächlichen Genmutationen einer zunehmenden Zahl genetisch bedingter Ataxien, u. a. auch von im Erwachsenenalter beginnenden, häufig sporadisch auftretenden Ataxien (SCA27B, RFC1), gefunden, was zunehmend auch spezifische Therapien ermöglicht. Beobachtungen an mehreren Fallserien und Kohorten legen z. B. die Wirksamkeit von 4-Aminopyridin bei SCA27B nahe.
Eine neue Therapieoption steht auch für die Friedreich-Ataxie (FRDA) zur Verfügung. Aufgrund positiver Daten der MOXIe-Studie wurde Omaveloxolon, ein Aktivator von Nrf2, bereits zugelassen. In Deutschland ist Omaveloxolon seit Juli 2023 über ein Härtefallprogramm für eine begrenzte Zahl von Erkrankten verfügbar. In der Schweiz ist das Medikament nicht zugelassen.PS